Willkommen bei der Materialkunde. Hier erfahren Sie alles was Sie über das Thema Sehnengarn und Sehnenmaterial wissen müssen.
Hier will ich nun versuchen ein paar Vorurteile oder Missverständnisse zu klären und Informationen im Bereich der Bogensehne zu geben.
Es gibt immer wieder Bogenschützen die mich fragen, wann man eine Sehne austauschen sollte. Diese Frage lässt sich mit einer Ferndiagnose nicht beantworten.
Um eine Beurteilung abzugeben, muß ich die Sehne optisch und manuell betrachten, denn es haben mehrere Faktoren Einfluss darauf.
Wie alt ist die Sehne? Ich empfehle die Sehne mindestens einmal mal im Jahr zu tauschen.
Wie schaut die Sehne von außen aus? Heben sich einzelne Fasern der Sehne ab? (Spliss).
Wurde die Sehne oft gewachst und somit geschmeidig gehalten ? Dies sind alles Fragen die man sich stellen muss um die Frage, wann man eine Sehne austauschen sollte beantworten zu können.
Daher lautet meine Devise: Lieber einmal im Jahr eine neue Sehne für 20.-Euro kaufen, als einen Bogenbruch zu riskieren der deutlich teurer ist als eine neue Sehne.
Es erstaunt mich immer wieder, dass Bogenschützen die einen Fastflight tauglichen Bogen haben, (trotz Freigabe vom Hersteller) bedenken haben eine Fastflight Sehne auf ihren Bögen zu schießen, und bestellen oftmals eine Dacron Sehne.
Dies gleicht ungefähr dem, als würde man mit einem Sportwagen mit angezogener Handbremse über die Autobahn fahren. Man versucht schnell zu sein, bremst sich jedoch selbst ungewollt oder unwissentlich ein, aus Angst etwas kaputt zu machen.
Liebe Schützen, wenn eure Bögen für Fastflight freigegeben sind, dann dürft Ihr auch Fastflight Sehnen aufspannen. Es wird Ihrem Bogen nicht schaden.
Oftmals ließt oder hört man Gerüchte, in welchen Fastflight Sehnen Schuld daran sein sollen, dass ein guter Bogen gebrochen ist, oder es den Bogen stärker belasten würde. Auch dies kann ich in meiner langjährigen Erfahrung als Bogenschütze und Sehnenbauer nicht bestätigen.
Wenn ein Bogen nicht für Fastflight frei gegeben ist, liegt das zu 95% daran, dass der Bogen keine harten Tips, wie z.B. aus Mycarta, Horn, Knochen o.ä besitzt. Falls die Tips tatsächlich zu weich für Fastflight sein sollten und die Gefahr besteht, das Sehnengarn könnte in das weiche Holz einschneiden, kann ich das dünne Fastflight Sehnenmaterial an den Öhrchen entweder auffüttern, oder mit Mittelwicklungsgarn umwickeln, was ein einschneiden gänzlich ausschließt.
Allerdings haben die heutigen modernen Bögen zu 90 % Tips aus Mycarta oder vergleichbarem Material. Sie können somit gefahrlos mit Fastflight Sehnen geschossen werden.
Desweiteren kann dies nur bei einer Sehne mit flämischem Spleiß passieren, da die Öhrchen einer Endlossehne schon beim herstellen an den Öhrchen mit Mittelwicklungsgarn umwickelt werden. Somit kommt kein Fastflight Sehnenmaterial an die Tips, was natürlich auch ein einschneiden unmöglich macht.
Das weit verbreitete Gerücht ein Bogen könne durch Fastflight im Wurfarm oder im Griffbereich brechen halte ich für eine Aussage, die meiner Erfahrung nach nicht stimmt.
Unzählige Freunde, Bekannte und Kunden von mir schießen nunmehr seit mehreren Jahren auf nicht für Fastflight freigegebenen, recht günstigen Bögen (zwischen 80 und 200€) sehr erfolgreich eine Fastflight Sehne. Die Folgen: ordentlicher Geschwindigkeitszuwachs sowie ein verbessertes Trefferbild. Die Sehne schwingt nicht mehr so lange nach, der Bogen wird leiser, das Trefferbild konstanter. Negative Auswirkungen auf den Bogen: Bisher keine !
Ich konnte im Gegenteil nur positive Eigenschaften feststellen. Ich habe einen Test mit einem nicht Fastflight tauglichen Samick Polaris bezüglich der ballistischen Flugbahn gemacht. Der besagte Bogen hatt ein Zuggewicht von 34#. Als Pfeile dienten die Easton Inspire 600 mit einer 80 Grain Spitze und 3 Zoll Shield Federn. Diesen Bogen rüstete ich mit einem Visier aus, welches ich auf eine Entfernung von 40 Meter zuerst mit einer 12 Strang Dacron Sehne einschoss, so dass die 6 geschossenen Pfeile alle ins Zentrum trafen. Anschließend schoss ich mit dem vorher eingeschossenen Visier wiederum mehrmals 6 Pfeile, dieses mal allerdings mit einer 12 Strang Fastflight Sehne.
Mein Ergebnis lautet: Mit der Fastflight Sehne saßen alle Pfeile ca. 20 - 25 cm höher als mit der Dacron Sehne. Dies soll verdeutlichen welch ein Zugewinn eine Fastflight Sehne bringt, und das schon, oder besser gesagt vor allem im unteren Bereich der Zuggewichte wie z.B. bei Kindern, Frauen, Senioren oder Bogenschützen mit Handicap.
Weiterhin schoss ich nun das Visier auf die schon erwähnte 12 Strang Fastflight Sehne ein, so dass wiederum alle 6 Pfeile ins Zentrum trafen. Nun zog ich eine 6 Strang Fastflight Sehne auf den Bogen auf, und wiederholte die Testschüsse. Das Ergebnis überraschte sogar mich. Ich schoß meherere Phasen hintereinander und wieder saßen alle Pfeile ca. 4 – 6 cm höher als mit der 12 Strang Fastflight Sehne.
Ich denke diese Tests zeigen eindeutig, welcher Zugewinn mit Fastflight Sehnen und insbesondere mit dünneren Sehnen möglich ist. Besonders bei schwächeren Bögen besteht damit die Möglichkeit eine deutlich flachere Flugbahn zu schießen, was vor allem das instinktive Schießen enorm erleichtert.
Auf Grund der häufigen Nachfrage möchte ich hier unbedingt erwähnen, dass solche dünnen Hochleistungssehnen bei weitem nicht die Lebensdauer erreichen wie Sehnen ab z.B 12 Strang.
Diese dünnen Hochleistungssehnen kann man mit Formel 1 Motoren der Vergangenheit vergleichen. Sie bringen sehr viel Leistung aber eben nur für kurze Dauer.
Diese dünnen Sehnen reagieren zudem sehr empfindlich auf Beschädigungen, wie z.B das hängenbleiben im Geäst, am Reißverschluss etc.
Wenn Sie sich eine solche Hochleistungssehne bauen lassen bedenken Sie bitte dass diese äußerst pfleglich behandelt werden und regelmäßig ausgetauscht werden muss, da diese ansonsten auch ohne vorherige Anzeichen einfach brechen kann.
Viele Schützen geben sich viel Mühe ihr Bestes beim Bogen SETUP zu geben, und wollen eine immer noch flachere Flugbahn haben. Sie entscheiden sich evtl. für den immer noch leichteren Pfeil, aber vergessen die Sehne komplett. Ein zu leichter Pfeil beschädigt den Bogen viel eher als eine Fastflight Sehne.
Auch mit der Anzahl der Sehnenstränge wird oft übertrieben, dies führe ich aber zum einen auf die Unwissenheit der Schützen, zum anderen auf die Übertreibung anderer Sehnen, bzw. Bogenhersteller zurück.
Wie oft hab ich schon gehört: Mach mir bitte eine 16 Strang Fastflight Sehne für meinen 30# Bogen. Wobei ich mir nur denke: Warum will derjenige mit Schiffstauen schießen?
Auch ist eine 12 Strang Dacronsehne für einen 25# Bogen mehr als übertrieben dick.
Zur Aufklärung:
Dacron B50 und Fastflight oder Fastflight plus, so wie alle anderen heute erhältlichen Sehnengarne wie etwa B55, Xcel, 652 Spectra, 8125, 452X, 8190 etc. bestehen aus Kunstmaterial, und werden maschinell hergestellt und geprüft. Somit sind Materialschwächen oder Unregelmäßigkeiten im Material so gut wie zu 100% ausgeschlossen.
Ein Strang Dacron B50 hält einer Zugspannung von 30 Pfund stand. Dreifache Sicherheit sollte man immer geben.
Dies bedeutet, dass ein Bogen mit einem Zuggewicht von 30 Pfund rein theoretisch mit einer 3 Strang Sehne geschossen werden kann, ohne dass die Sehne bricht. Also würde ich bei einem 30 Pfund Bogen eine maximal 6 bis 8 Strang Dacron Sehne empfehlen. Alles andere macht die Sehne nur wieder schwer, träge und langsam.
Ein Strang Fastflight hält einer Zugspannung von 90 Pfund stand. Auch bei Fastflight sollte 3 fache Sicherheit gegeben sein. Dies bedeutet also, man könnte einen Bogen mit 90 Pfund Zuggewicht mit einer Fastflight Sehne die aus 3 Strängen besteht schießen. Genau so gut könnte man einen Bogen mit 30 Pfund mit nur einem Strang Fastflight schießen, ohne dass die Sehne bricht . Gerade bei Fastflight wird mit den Strängen extrem übertrieben, und die Sehnen aus Fastflight sind meist bei gleichstarken Bogen noch dicker als Dacron Sehnen. Woher diese Unwissenheit kommt weiß ich nicht, aber es ist nicht nötig solch dicke Sehnen zu schießen.
Ich schieße auf meinem 66 Pfund Langbogen eine 6 Strang Fastflight Sehne, und das nun schon seit vielen Jahren ohne Probleme.
Dann gibt es noch diejenigen die meinen, eine dicke Sehne würde einen Bogen mehr dämpfen als eine dünne Sehne, da sich eine dickere Sehne etwas mehr dehnt als eine dünne.
Dazu stellen Sie sich bitte einmal vor:
Ziehen Sie an einem Strang Sehne, Schnur, Holz, was auch immer Sie gerade zur Hand haben, und Sie werden feststellen es dehnt sich nicht. Nun nehmen sie 20 Stränge desselben Materials und wiederholen den Test. Sie werden feststellen, auch das dehnt sich nicht. Was spielt das nun für eine Rolle, ob Sie einmal keine Dehnung haben oder 20 mal keine Dehnung haben? Richtig gar keine Rolle, denn keine Dehnung bleibt keine Dehnung.
Hinzu kommt noch dass eine dicke Sehne mehr Masse besitzt als eine dünne. Aus dem Physikunterricht wissen wir dass Masse träge ist, und immer in dem Zustand bleiben möchte in dem sie sich befindet. Entweder ruhend, oder in Bewegung. Je mehr Masse eine Sehne also hat, desto stärker und länger wird die Sehne nach dem Schuss nachschwingen.
Scheuen Sie sich also nicht davor, mal eine dünne Sehne aufzuspannen. Lassen Sie sich überraschen wie gut das Schussgefühl mit der dünnen Sehne wirklich ist und wie Ihre Pfeile etwas schneller nach vorn jagen.
Eines ist Gewiss, eine gute Sehne ist nicht alles,
aber ohne eine gute Sehne kann alles nichts sein.